bvse Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung widerspricht den Müllverbrennern

Babylonische Begriffsverwirrung: Thermisches Recycling gibt es nicht

Gegen eine Babylonische Begriffsverwirrung spricht sich der bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. aus. Damit wendet sich der bvse gegen eine Formulierung die jüngst die ITAD (Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen Deutschland e.V) verwendet hat. Die thermische Behandlung von Restabfällen aus Haushalt, Gewerbe und Industrie sei ein aktiver Beitrag zum Recycling und zum Ressourcenschutz, hatte die Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland (ITAD) vor einer Woche in einer Presseverlaurbarung behauptet. Danach  trügen deutsche Anlagen zur thermischen Verwertung von Abfällen in erheblichem Maße zur Erzeugung nutzbarer Energie und zum Recycling bei.

„Wir können also mit Fug und Recht bei der thermischen Verwertung von Abfällen auch von einem ‚thermischen Recycling’ sprechen“, so ITAD-Geschäftsführer Carsten Spohn. ITAD vertritt die Interessen der Betreiber und Eigentümer von thermischen Abfallbehandlungsanlagen. (klassische Siedlungsabfall-Verbrennungsanlagen, Ersatzbrennstoffkraftwerken und Klärschlammverbrennungsanlagen). ITAD erinnerte  anlässlich der aktuellen Detailregelungen zur Einstufung der Müllverbrennung als Verwertungsverfahren (deutsche R1-Anwendungshilfe) daran, dass die berücksichtigte Energie nur eines der mittels thermischer Abfallbehandlung aus dem Restmüll gewonnenen Güter ist.

Aus Abfällen, die nicht stofflich weiter verwertbar sind, würden die deutschen MVAs und EBS-Anlagen jedes Jahr Strom und Wärme für 2 Millionen Haushalte und zahlreiche Industrieanlagen gewinnen und so rund 3 Milliarden Liter Heizöl einsparen. Da rund die Hälfte der so verwerteten Abfälle biogenen Ursprungs ist, entsteht zudem eine erhebliche Einsparung bei den CO2-Emissionen. Die Verwertung endet jedoch nicht auf dem Rost, sondern es würden zusätzlich aus den Verbrennungsrückständen Eisen- und Nicht-Eisenmetalle extrahiert und können so wieder verwendet werden.

Insgesamt gelangen auf diese Weise jedes Jahr rund 400.000 Tonnen Metalle in den Stoffkreislauf zurück. Zudem finden pro Jahr 5 Millionen Tonnen Schlacke nach entsprechender Behandlung Verwendung im Straßen- und technischen Anlagenbau. Das Gewicht der rückgewonnenen Eisenmetalle entspricht mit 350.000 Tonnen der Gesamttragfähigkeit eines Supertankers, die Menge des Aluminiums und anderer NE-Metalle dem Gesamtgewicht von 50 Airbus A380, nämlich 30.000 Tonnen.

Die Müllverbrennungsanlagen und EBS Kraftwerke zusammengerechnet, verfügt Deutschland über Verbrennungskapazitäten in Höhe von ca. 25. Mio. Tonnen, rechnet der breit aufgestellte Branchenverband "bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V" vor. Das Aufkommen an überlassungspflichtigen unsortierten Abfällen aus Haushalten und Gewerbe für die MVAen wird alleine schon auf 20 Mio. Tonnen beziffert. Fallen, nur gemessen an dieser Menge, tatsächlich nach der Verbrennung in den Schlacken noch 400.000 Tonnen recycelbarer Metalle an, ist dies ein Anteil von gerade einmal zwei Prozent. In diesem Zusammenhang von einem thermischen Recycling zu sprechen ist schlichtweg übertrieben, zumal die Kombination der beiden Verfahren schon ein Widerspruch in sich ist. Des Weiteren werden die Metalle in der MVA ja gar nicht recycelt, sondern bleiben glücklicherweise bei der Verbrennung übrig, um dann für einen nachgelagerten Recyclingprozess bereitgestellt werden zu können, so Andreas Habel, Referent im bvse.

Die Verwendung der anfallenden Schlacken als Tragschichtmaterial im Straßenbau sei ebenfalls durchaus eine vernünftige Maßnahme die Reste der Verbrennung zu nutzen, aber es sei ebenfalls keine Kreislaufführung die im Rahmen des Verbrennungsprozesses stattfinde.

Es drängt sich der Verdacht auf, dass die ITAD von den tatsächlichen Entwicklungen ablenken wolle. Denn die Überkapazitäten der energetischen Verwertung und der damit verbundene verstärkte Bedarf nach Gewerbeabfällen belasten den Markt für das Recycling weiterhin. Das Wetteifern um die notwendigen Einsatzmengen hält die Preise zur Verbrennung so niedrig, dass eine Sortierung zur stofflichen Verwertung oder die qualifizierte Aufbereitung zu hochwertigen Sekundärbrennstoffen zunehmend unwirtschaftlicher wird. In der Folge gehen dem Recyclingkreislauf und der hochwertigen Ersatzbrennstoffaufbereitung durch die Verbrennung auf dem Rost sogar sehr viel Material verloren.

Nach Auffassung des bvse muss es in einer modernen Rohstoffwirtschaft darum gehen, dass Spektrum der Abfallbehandlung sinnvoll miteinander zu verbinden. Daher spricht sich der bvse schon seit Längerem für eine Nutzungskaskade aus. In dieser sollte nach dem Abschöpfen des Recyclingpotenzials darauf geachtet werden, dass die thermische Nutzung in energetisch effizienten Anlagen mit hohen Nettowirkungsgraden erfolgt. Dies sind vornehmlich Prozesse der Mitverbrennung in dezentralen Kraftwerken, die nicht auf der grünen Wiese, sondern direkt am Standort von Industrieprozessen Wärme und Strom auskoppeln, oder Prozesse der Zementherstellung, in denen mit Einsatz hochwertiger Ersatzbrennstoffe wertvolle primäre Energieressourcen ersetzt und Nettowirkungsgrade von über 80% erreicht werden.

erschienen am: 2012-08-21 im europaticker (http://www.umweltruf.de/news/111/news3.php3?nummer=4857), Hervorhebungen von uns.

Von Nettowirkungsgraden über 80 % und der Rostocker MVA liegen Welten!