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Offene
Fragen zum Störfall in der Stavenhägener MVA
Aus den Pressemeldungen in den Regionalzeitungen vom
22./23.06.2011 sowie vom 02./03.07.2011 ergeben sich viele offene
Fragen zu dem Störfall in der Stavenhägener
Müllverbrennungsanlage mit Freisetzung einer großen Aschewolke:
Amtliches
Störfallmanagement
Warum hat der Landrat keine gesundheitshygienischen
Sondermaßnahmen eingeleitet, obwohl der Betreiber empfohlen
hatte Obst und Gemüse aus den Gärten vor dem Verzehr
gründlich zu waschen bzw. Erdbeeren und Salat vollständig zu
entsorgen und die labortechnischen Untersuchungen noch nicht
abgeschlossen waren?
Nach einem effizienten Havarieplan ist mindestens bis zum
Abschluss der labortechnischen Untersuchungen von der
Notwendigkeit gesundheitshygienischer und weitreichender
umwelthygienischer (Abtragung von kontaminierten Material)
Sondermaßnahmen auszugehen und dies auch auszusprechen.
Warum wurde diese Verantwortung bei einem derartigen akuten
Zwischenfall und bei einem grundsätzlichen hohen
Zwischenfallspotential in einer Müllverbrennung von dem
Landrat und den zuständigen Überwachungsbehörden nicht
wahrgenommen?
Wie werden die langfristigen Gefährdungspotentiale durch den
Landrat und die zuständigen Überwachungsbehörden zukünftig
von den Bürgern, den landwirtschaftlichen Betrieben und den
Lebensmittel verarbeitenden Betrieben sowie vom Tourismus
abgewehrt?
Wie konnten so unprofessionelle Empfehlungen wie „Abkärchern“
bzw. „spatentief umgraben“ ausgesprochen werden?
Die Empfehlungen des Betreibers (nach den Pressemitteilungen),
die betroffenen Schadstoffschichten abzukärchern, zeugt von
Hilflosigkeit und Unprofessionalität. Ebenso werden durch die
von den „Umweltexperten“ empfohlene Maßnahme zum
„Umgraben“ die Schadstoffe in den Boden verteilt.
Gleichzeitig lässt sich hieraus auch ein gewisses
Schuldeingeständnis ableiten. In diesem Zusammenhang scheint
nach den Pressemitteilungen die Abtragung von kontaminierten
Bodenschichten und „abgewaschenen“ Staubschichten
unerlässlich zu sein. Nur durch eine solche Maßnahme hätte
das belastete Material sicher beseitigt und als Sonderabfall
entsorgt werden können.
Warum wurde von den Aufsichtsbehörden nicht umgehend im Sinne
des „vorbeugenden Verbraucherschutzes“ (Gesundheits- und
Umweltschutzes) die Abtragung der belasteten Staubschichten und
die Entsorgung als Sondermüll angeordnet?
Warum haben alle Behörden und z. T. der Betreiber „auf Zeit
gespielt“ und es zugelassen, dass durch die Wetterlage der
Staub-/Schadstoffniederschlag in den Boden eingewaschen werden
konnte?
Wie unabhängig sind die zitierten „Umweltexperten“ (??)
und das beauftragte Labor in Greifswald?
Wer hat den Untersuchungsplan und den Umfang für die amtlichen
Untersuchungen festgelegt?
Wo wurden die Proben für die amtliche Überwachung entnommen?
Ist geplant, Verlaufsproben zu entnehmen?
Welche Grenzwerte gibt es für Aschewolken? Hinsichtlich der
Grenzwerte ist die Frage zu beantworten: Auf welches
„Bezugssystem“ sich diese beziehen („Aschewolke“,
Staub, Luft, Boden Lebensmittel)? Außerdem ist zu klären für
wen / wofür diese Grenzwerte Schutz bieten (z. B. für den
weiteren Betrieb der Anlage oder für den Gesundheits- und
Umweltschutz).
In
den erfolgten Untersuchungen wurde von dem, durch den Betreiber
beauftragten, Labor ein erhöhter Dioxinwert festgestellt (OZ
vom 02./03.07.2011).
Welche Maßnahmen hat die Überwachungsbehörde auch vor dem
Hintergrund des Minimierungsgebotes bezüglich dieser
Dioxinwert-Überschreitungen für die betroffenen Flächen nun
angeordnet?
Umweltmonitoring
/ Humanbiomonitoring
Existiert ein Havarieplan? Welchen Umfang haben medizinische
Untersuchungen der Betroffenen (Humanbiomonitoring) mit
Feststellung der Ausgangs- und der Verlaufswerte im Rahmen des
„Daseinvorsorge-Grundsatzes“ darin?
Welche Parameter wurden bei den Betroffenen in welchen
Untersuchungsmaterialien untersucht? Ist Blut alleine geeignet,
die langfristigen Belastungen zu beurteilen?
Warum wurden Untersuchungen erst nach Tagen (Presse) und auf
Wusch der Betroffenen angeboten und vorgenommen? Warum wurde
hier scheinbar kein unabhängiges Labor von den
Überwachungsbehörden sondern vermutlich das „Hauslabor“
der Firma Nehlsen AG beauftragt und genutzt? Oder welchen
anderen Grund gab es, die Blutröhrchen aus Bremen zu ordern
und gefüllt nach Bremen zu schicken, dem Stammstiz der Firma
Nehlsen?
In dem Bereich der niedergegangen Aschewolke muss auch geklärt
werden, ob die Schadstoffen durch die Pflanzen und Nutztiere
(z. B. im Ei, Innereien) angereichert werden. Wenn ja, dann ist
nämlich die Einhaltung von o.g. Schadstoffgrenzwerten kein
Entlastungs-Vorhersage-Wert. Daraus lässt sich auch ableiten,
dass gesundheitshygienische und weitreichende umwelthygienische
Sondermaßnahmen bei einem solchen Störfall auch langfristig
weiterhin notwendig sind.
Welcher Umfang ist für die umwelthygienischen Untersuchungen
(Aschewolke, Bodenproben, Niederschlagsprobe,
Lebensmittelproben [Pflanzen, Pilze, Wild-Tiere]) vorgesehen?
Ist das Wild der Region als geeigneter „Bioindikator“ in
einen amtlichen Überwachungsplan einbezogen?
Welche langfristigen Untersuchungen sind geplant, damit für
alle Agrarbetriebe und lebensmittelverarbeitende Betriebe sowie
für den Endverbrauchen und die Anwohner sichergestellt werden
kann, dass es zu keiner Gefährdung durch die Schadstoffe und
durch die Schadstoffakkumulierung in der Nahrungskette kommt?
Welche Sicherheitsgarantien werden den Bürgern, den
Agrarbetrieben und lebensmittelverarbeitenden Betrieben für
die Zukunft durch die zuständigen Überwachungsbehörden
gewährt?
Arbeitsschutz
/ Technische Sicherheit / Anlagensicherheit
Wie erfolgt die Aufsicht der Wartungsarbeiten durch die
Genehmigungsbehörde und die Aufsichtsbehörde für
Arbeitsschutz und technische Sicherheit?
Wie wurde für die den störfallverursachende Wartungsmaßnahme
der MVA der Mitarbeiterschutz praktiziert und durch die hierfür
zuständige Aufsichtsbehörde überwacht?
Welcher zertifizierte Fachbetrieb war mit der Wartung
beauftragt?
Gibt es einen Bypass? Oder wie konnte die „Aschewolke“ ohne
eine Passage der Filteranlage entweichen?
Welche anderen Betriebsarten gibt es in der MVA, bei der ein
Bypass genutzt wird, wodurch die Abluft ohne Filterung
entweicht und es zu einer zusätzlichen aber vermeidbaren
Belastung der Gesundheit der Bürger und der Umwelt kommt?
Wurde die Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde für die
bisherige Nutzungszeit der MVA seit der Inbetriebnahme über
die Anzahl der Betriebszustände im Bypassmodus und das
zeitliche Ausmaß informiert?
Nur die ehrliche
Beantwortung aller Fragen kann für die Bevölkerung von
Stavenhagen und Umgebung hinreichende Sicherheit geben.
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