Schwerwiegender Störfall in Stavenhagen

Leserbrief in der OZ vom 24.06.2011 10:54



In der Stavenhägener Müllverbrennungsanlage gab es am 15.6. einen Störfall, bei dem eine Aschewolke aus dem Schornstein entwich. Dazu gibt es merkwürdige, um nicht zu sagen verstörende Informationen:

Die Regionalzeitungen berichten erst am 22./23.6. wie folgt: Der Betreiber ruft die „Anwohner dazu auf, Obst und Gemüse aus Gärten vor dem Verzehr gründlich zu waschen. Mit dem Aschestaub seien auch Schwermetalle wie Blei und Cadmium in die Umwelt gelangt.

Nach ersten Untersuchungen sei Wurzelgemüse im Boden nicht belastet, teilte das Unternehmen weiter mit. Die labortechnischen Untersuchungen seien aber noch nicht abgeschlossen, Bodenproben noch geplant. Umweltexperten raten, vorsichtshalber den Gartenboden im nahen Umkreis der Müllverbrennungsanlage spatentief umzugraben.

Von dem mit Schwermetallen belasteten Staub habe sie auch einiges einatmen und wie andere Anlieger in dem Umkreis auch die ganze Nacht husten müssen. Trotz der großen Beunruhigung der Bürger sahen sich Mitarbeiter des Landesamtes für Landwirtschaft und Umwelt (Stalu) erst am Freitag in Stavenhagen um. Das Demminer Gesundheitsamt gab erst am Montag Leitlinien heraus, wie die Betroffenen mit ihrem Obst und Gemüse umgehen sollen.

'Wir haben keinen Hinweis darauf, dass sofort gesundheitshygienische Sondermaßnahmen erforderlich wären', sagte der Landrat des Kreise Demmin, Siegfried Konieczny (Linke) auf Nachfrage“.

Die Höfe wurden per Kärcher von der Asche befreit und auch verschmutzte Fenster von der teilweise klebrigen Schicht „befreit“.

Das alles kann so nicht ohne Kommentare unsererseits stehen bleiben: 1. Es ist richtig, dass die Aschen auch „Schwermetalle wie Blei und Cadmium“ enthalten. AUCH, denn die Liste der hochgiftigen Schadstoffe ist viel länger. Warum wird sie nicht vollständig genannt?

2. Die betroffenen Gebäude wurden mit Hochdruckreiniger von der „teilweise klebrigen Schicht“ befreit, aber beim verschmutzten Gemüse soll gründliches Waschen ausreichen?

3. Wurzelgemüse im Boden sei nicht belastet – wie denn auch? Der Stoffwechsel von Pflanzen verläuft nun einmal recht langsam, in den ersten Tagen der Aschebelastungen ist mit Sicherheit INNERHALB der Pflanzen nichts zu finden.

4. „Umweltexperten raten, vorsichtshalber den Gartenboden im nahen Umkreis der Müllverbrennungsanlage spatentief umzugraben“. Diese namentlich nicht genannten „Umweltexperten“ sollten ob ihrer gesundheits- und umweltgefährdenden Empfehlung vor Gericht gestellt werden. Das einzig Richtige besteht darin, die Asche mitsamt dem darunter liegenden Boden abzukratzen und als Sondermüll zu entsorgen. Wer hingegen die schadstoffbeladene Asche in den Boden einarbeitet, verseucht sein Garten- oder Ackerland für alle Zeit. Schwermetalle haben keine Halbwertszeit, sie bleiben für immer und ewig giftig!

5. Unverantwortlich halte ich auch das späte Reagieren der Fachbehörden (Störfall am Mittwoch, erste Reaktion des STALU am Freitag und des Kreisgesundheitsamtes am darauf folgenden Montag) sowie die mehr als beschönigende Aussage des Landrates, „wir haben keinen Hinweis darauf, dass sofort gesundheitshygienische Sondermaßnahmen erforderlich wären". Ein Landrat muss nicht alles wissen, aber er muss wissen, wie und von wem er Sachkunde erhalten kann.

6. Der Störfall ereignete sich am Mittwoch, den 16.6. abends gegen 19.30 Uhr. Die Zeitungen berichten ERST EINE WOCHE SPÄTER darüber. Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Dr. Günter Hering, Rostocker Initiative für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft und gegen Müllverbrennung e.V.

schreibt Günter Hering aus Rostock

Die grün gekennzeichneten Textstellen hat die OZ vor der Veröffentlichung des Leserbriefes wegzensiert. Wie gesagt: Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

2011