Nordkurier vom 20.6.2011 in der Lokalausgabe "Zeitung für Teterow, Malchin, Stavenhagen und Umland", S. 9. Dieser Artikel wurde nicht im Internet (www.nordkurier.de) veröffentlicht. Wir geben ihn nachstehend ungekürzt wider:

Schwermetalle „regnen" aus Aschewolke

Der Nehlsen Geschäftsführer geht von Gefahrlosigkeit aus. Die Anwohner bestehen aber auf Bodenprobe, Toxin-Test und Amtsarztbesuch.

VON ECKHARD KRUSE

STAVENHAGEN. „Die Proben waren doch sehr hoch belastet mit Schwermetallen." So lautete am Sonnabend die Einschätzung von Dr. Olaf Paulus vom Industrie- und Umweltlaboratorium (IUL) in Greifswald nach der Havarie im Nehlsen-Heizkraftwerk in Stavenhagen. Gefunden hat er unter anderem Schwermetalle wie Kadmium, Chrom, Kupfer, Arsen, Blei und Quecksilber, von denen einige in bestimmten Konzentrationen hochgiftig sind. Die Stoffe waren am Mittwochabend bei Reinigungsarbeiten durch einen Bedienfehler durch den Schornstein geblasen worden.

Barbara Hillger, Karin Rabe und Manfred Jennerjahn hatten Teile der riesigen Aschewolke eingeatmet. Ich habe die ganze Nacht gehustet", verdeutlichte Frau Hillger. Auf den Grundstücken rund um das Kraftwerk in der Schultetusstraße lagerte sich eine rund einen halben Zentimeter dicke Staubschicht ab.

Damit die Anwohner wissen, was da auf ihren Grundstücken niedergegangen ist, hatten sie mit Nehlsen-Geschäftsführer Karl-Heinz Plepla für Sonnabend, 9 Uhr, einen Termin vereinbart.

Dr. Olaf Paulus hatte im Nehlsen-Auftrag Proben von Grundstücken genommen und untersucht. Bei dem teilweise emotionsgeladenen Treffen erläuterte er den zwölf Anwohnern, Karl-Heinz Plepla, Roland Seemann, Umweltbeauftragter für die Firma Nehlsen, und der städtischen Ordnungsamtsleiterin Gisela Drews die Situation.

Mit den angegebenen Konzentrationen wollten sich die Anwohner jedoch nicht zufrieden geben. Denn die Staubprobe sei erst am nächsten Tag und nach Regenschauern genommen worden, wodurch die Schicht merklich dünner geworden sei. Und Paulus musste eine genaue Antwort, ob die Betroffenen Schäden davon tragen, wenn sie ihre Gartenfrüchte essen und wie stark der Boden belastet ist, schuldig bleiben. „Es war nur meine Aufgabe gewesen, den Staub zu analysieren", erläuterte Paulus. Dennoch versuchte er, auf Bitte von Heinz-Jürgen Sudy, den Anwohnern Handlungsrichtlinien zu geben. Salat und Erdbeeren würde er nicht mehr essen. Bei Kirschen hätte Paulus keine Bedenken, wenn sie gründlich abgewaschen werden.

Das alles reichte den Betroffenen nicht aus - sie vermissten eine Untersuchung auf Toxine. Karl-Uwe Kayatz - ihm gehört ein angrenzender Acker- forderte eine zweite unabhängige Probe und wollte wissen, ob das das gesamte Krisenmanagement von Nehlsen sei. Damit kamen Bodenproben ins Gespräch. Doch Plepla meinte: „Wir haben nachgewiesen, dass es keine kritischen Konterminationen gibt." Nehlsen habe mit der Laboruntersuchung seine Schuldigkeit getan. Er riet den Anwohnern ab, ihre Grundstücke untersuchen zu lassen. "Sie sind unter Umständen mit Altlasten von Industrieflächen belastet", sagte er. Als dann noch Fragen zum generellen Ausstoß aus dem Schornstein kamen, drohte er den Bürgern gar mit rechtlichen Schritten, wenn sie Unterstellungen von angeblichen schwarzen Rauchwolken nicht bleiben lassen. Im Laufe des Gesprächs drohte auch Kayatz mit einer Anzeige beim Staatsanwalt.

Plepla betonte aber, die Angelegenheit im gegenseitigen Einvernehmen mit den
Anwohnern regeln zu wollen. So kam es, dass ein Test auf Dioxine, eine Bodenprobe und eine amtsärztliche Untersuchung für die drei Betroffenen zugesagt wurde, die die Staubwolke eingeatmet hatten. Und Ronald Seemann zählte die Reihen der Gartenfrüchte, die die Anwohner wohl vernichten müssen und eine Entschädigung dafür bekommen sollen.

S. ANGEMERKT