Gesundheitsgefährdungen (I)

Im „Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern“ (1997, 7. Jahrgang, Seite 311) erschien bereits 1997 der nachstehende Artikel, den wir mit freundlicher Erlaubnis der Autoren hier wiedergeben.

Wohin mit dem Müll?

Muß die Ärzteschaft zur Müllproblematik

Stellung beziehen?

Allgemeine Kriterien zur Restabfallbehandlung (aufgestellt von der Ärztekammer M-V erarbeitet vom Umweltmedi­zinischen Ausschuß)

Aufgrund der derzeitigen öffentli­chen Diskussion zur Restabfallbehandlung im Land Mecklenburg­Vorpommern sah sich der Um­weltmedizinische Ausschuß veranlaßt, dieses Thema zu bearbei­ten und sich zu der Abfallproble­matik zu äußern. Es wurde ein all­gemeiner Kriterienkatalog erar­beitet, der an dieser Stelle der Ärzteschaft öffentlich zugänglich gemacht werden soll. Die ge­nannten Kriterien sehen wir nicht als endgültig und vollständig an; vielmehr möchten wir Sie zur Dis­kussion auffordern und um Ihre schriftliche Meinungsäußerung bitten.

Müllvermeidung - Wiederver­wertung - Stofftrennung

Keine Form der Müllentsor­gung ist völlig frei von Risiken. Daher muß allen Maßnahmen zur Müllvermeidung sowie Wie­derverwertung, und zwar in er­ster Linie der konkreten stoffli­chen Verwertung, höchste Pri­orität eingeräumt werden. Thermische Anlagenkonzepte (z.B Verbrennungsanlagen) sind nur mit vorhergehender Stofftrennung (auch Restmüll­trennung), Stoffklassifizierung und dann als entsprechender stoffstromspezifischer Behand­lungsschritt zu entwickeln. In Anlehnung an das Sonderab­fallkonzept des Landes Meck­lenburg-Vorpommern hat die Zuweisung definierter Stoff­ströme an bestimmte Verwertungs- und/oder Behand­lungsverfahren zu erfolgen.

Auswahl des risikoärmsten Verfahrens

Es ist durch wissenschaftliche Gutachten unter Berücksichtigung neuester Arbeiten sorg­fältig zu prüfen, welches Ver­fahren der Restabfallbehandlung die geringsten gesund­heitlichen Risiken in Bezug auf deren Abprodukte in sich birgt. (Problembereiche: z.B. Schadstoffe in der Abluft, in den Filtern sowie in der Schlacke).

Standortauswahl unter Berück­sichtigung der Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit

Sensible Standorte (Nachbar­schaft zu Wohngebieten, Kur­und Reha-Einrichtungen, Tou­rismuszentren, landwirtschaftli­chen Produktionsflächen so­wie Natur- und Landschafts­schutzgebieten) dürfen nicht durch Schadstoffemissionen gefährdet werden. Die Wah­rung umwelthygienischer Aspekte muß besonders in ei­nem Land wie Mecklenburg­Vorpommern, das in einem hohen Maße auf den Touris­mus und das Erholungswesen ausgerichtet ist, höchste Prio­rität haben.

Für den vorgesehenen Stand­ort und das Umfeld ist eine Vorbelastung, insbesondere durch akkumulierende Schad­stoffe, festzustellen. Diese und die entstehende Zusatzbela­stung sind öffentlich zu ma­chen und in die Entschei­dungsfindung mit einzubezie­hen (umwelthygienische Ri­sikoabschätzung = Gesund­heitsverträglichkeitsprüfung verschiedene Verfahrens- und Behandlungskonzepte sind als zentrale und dezentrale Vari­anten gegenüberzustellen).

Beachtung der Sozialverträglichkeit

Um der Sozialverträglichkeit (steigende Arbeits- und Ob­dachlosigkeit, zunehmender Sozialhilfebezug) speziell inMecklenburg-Vorpommern gerecht zu werden, sind das Behandlungskonzept und die Anlagengröße in erster Linie auf geringe und damit opti­male Gebührensätze für den Bürger auszurichten und nicht auf die gewinnträchtigste Va­riante für den Betreiber. An­dernfalls wären Müllimport (zusätzliche Umweltbelastung der Region) sowie finanzielle Gefährdungen öffentlicher und privater Haushalte vor­programmiert.

Dieses wäre aus sozialmedizi­nischer Sicht nicht vertretbar. In diesem Zusammenhang sind freie Kapazitäten vor al­lem zur Verwertung und in zweiter Linie zur Behandlung (z.B. Entgiftung) einzelner Stoffströme abzuklären und in das Konzept einzubeziehen. Eine Abstimmung zwischen den vier Entsorgungsregionen des Landes wird für dringend notwendig gehalten; dabei sollen auch länderübergrei­fende Lösungen und die Nut­zung bereits vorhandener An­lagenkazapitäten angestrebt werden (Analogie zum Son­derabfallkonzept des Landes M-V).

Um die Gebühren für den Bür­ger so gering wie möglich zu halten, sind das Behandlungs­konzept (modularer Aufbau) und die Anlagengröße der ak­tuellen Bevölkerungsprognose anzupassen und bereits bei der Planung so auszulegen, daß bei dem zu erwartenden deutlich sinkenden Abfallauf­kommen ein Rückbau techni­scher Anlagen jederzeit sozial­verträglich möglich ist. Sinken­des Abfallaufkommen darf nicht zu einer Gebührener­höhung für den Bürger führen.

Umweltmedizinischer Ausschuß der Ärztekammer M-V Humboldtstraße 6 18055 Rostock

Die vorstehenden Aussagen zeigen grundsätzliche Mängel im Ablauf des Genehmigungsverfahrens für die jetzt im Bau befindliche Müllverbrennungsanlage auf:

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