Gesundheitsgefährdungen (II)
Herr Prof. Nelles ( Universität Rostock, Lehrstuhl für Abfall- und Stromwirtschaft) sagte in einem Interview zur Abfallverbrennungsanlage Rostock (OZ vom 11.2., Seite 13) : "Es wird nicht stinken... Die Bevölkerung muß sich keine Sorgen machen. Sämtliche Schadstoff-Immissionen ... liegen im sogenannten Irrelevanzbereich". Ähnlich äußert sich Vattenfall und auch Herr Senator Dr. Nitzsche. Dabei verschweigen sie leider, was die nachstehende Erklärung von Medizinern deutlich macht: Die Grenzwerte und damit auch der sog. Irrelelanzbereich beziehen sich auf das technisch Machbare, nicht auf die gesundheitlichen Folgen.
Die Mediziner erklären eindeutig: „Für alle Schadstoffemissionen gibt es gesetzlich festgelegte Grenzwerte. Als Ärzte/innen wissen wir aber, dass gesetzliche Grenzwerte für eine schädliche Substanz nicht gleichzeitig bedeuten, dass ein Gesundheitsschaden erst bei Überschreitung eintritt. Gesundheitsschäden treten individuell bereits früher ein. Dies trifft besonders zu bei Kindern.“
Sollte das nicht auch ein Professor für Abfallwirtschaft wissen können?
Um Herrn Senator Dr. Nitzsche zu beruhigen: Bei dem nachstehenden Text handelt es sich nicht um „Panikmache“ und „Verleumdnung“. Im Gegenteil, er basiert auf einem Arbeitspapier der Delegiertenversammlung des Saarländischen Ärzteverbandes. Müßte ein Senator für Umwelt, Soziales, Jungend und Gesundheit die in der Ärzteerklärung genannten Fakten und Quellen nicht wissen müssen?
Lesen Sie im Folgenden die Original-Erklärung verantwortungsbewußter Mediziner.
Kein Steinkohlekraftwerk in Lubmin
Medizinische Fakten
Mögliche Gesundheitsgefährdungen
Auf der Grundlage ärztlichen Handelns, dem Eid des Hippokrates sowie der Genfer Deklaration des Weltärztebundes sind wir Ärzte und Ärztinnen zu folgendem verpflichtet:
„Die Gesundheit meines Patienten
soll oberstes Gebot meines Handelns sein“.
Dieses Gebot bedeutet für uns nicht nur, Kranke zu heilen, es bedeutet für uns auch, unser Wissen zu nutzen, wenn die Gesundheit von Menschen erkennbar bedroht ist und es gilt, gesundheitlichen Schaden zu verhindern.
Viele chronische Erkrankungen wie Asthma bronchiale, Neurodermitis oder Allergien sind Folgen immer steigender Schadstoffemissionen. Kinder und Ungeborene sind in besonderem Maße gefährdet, durch Umweltgifte gesundheitliche Schäden zu erleiden wie z.B. durch eine gestörte Entwicklung des Immunsystems, einer Zunahme von Allergien, häufigen Infekten und der Entwicklung von chronischen Erkrankungen (z.B. Asthma bronchiale) mit entsprechenden gesundheitlichen Folgeerkrankungen im Erwachsenenalter. Besonders gefährdet sind auch ältere Menschen und Menschen, die bereits an einer kardiopulmonalen Erkrankung leiden. Sie müssen mit einer Verschlimmerung ihrer Erkrankung rechnen. Morbidität und Mortalität steigen nachweislich mit zunehmender Schadstoffbelastung.
http://nuv-online.de/wp-content/uploads/2007/07/12_zylka-menhorn-feinstnube.pdf
http://www.lbl.gov/Education/ELSI/pollution-main.html
http://content.nejm.org/cgi/content/full/356/5/447
http://reports.eea.europa.eu/environmental_issue_report_2002_29/en/eip_29.pdf
Bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen werden in dem geplanten Steinkohlekraftwerk Lubmin viele gesundheits- und umweltschädliche Abfallprodukte entstehen:
CO2 (10 Millionen Tonnen/a): Hauptverursacher des Klimawandels
SO2 (7000 Tonnen/a): Reizgas, verursacht obstruktive Lungenerkrankungen (z.B. Asthma bronchiale). Besonders gefährdet sind Menschen mit kardiopulmonalen Erkrankungen. Partikelförmige Sulfate tragen zur großräumigen Belastung durch Feinstaub bei.
NO, NO2 (3600 Tonnen/a): Stickstoffdioxid beeinträchtigt die Lungenfunktion, Stickoxide verursachen Versauerung und Eutrophierung von Böden und Gewässern und sind Mitverursacher von Feinstaub und Ozon.
CO: humantoxische Wirkung durch Beeinträchtigung der Sauerstoffaufnahmekapazität des Hämoglobins, Mit-Verursacher des bodennahen Ozons.
Feinstäube: können schwere Erkrankungen wie z.B. Herz- Kreislauferkrankungen hervorrufen und somit zu einer signifikanten Verminderung der Lebenserwartung führen. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Feinstaubbelastung in der Atemluft und Krankheit ist bewiesen (WHO). Die Jahresmittelkonzentrationen an Feinstaub liegen in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2006 zwischen 20 und 36 μg/m³ (Spitzenwerte bis 50 μg/m³). Nach WHO - Kriterien ist eine Belastung über 10 μg/m³ Feinstaub eindeutig gesundheitsschädlich.
Quecksilber (1 Tonne/a): starkes nierentoxisches und plazentagängiges Gift, das zu schwersten Schädigungen des Zentralnervensystems, zu Konzentrationsschwäche, Tremor, Übererregbarkeit und irreversiblen Seh- und Hörstörungen führt. V.a. Methylquecksilber wird bis zu 95% der in Körper eingebrachten Menge aufgenommen und ins Gehirn transportiert. Hauptquelle ist Fisch aus belasteten Gewässern! Lit.: nach AID 35, Heft 1 (1990): „Quecksilberkontamination in der terrestrischen und aquatischen Nahrungskette“ .
Katastrophe von Minamata/Japan 1952: 52 Menschen starben an Fischvergiftung (Abwässer einer Fabrik waren einfach in die flache See abgelassen worden!). Bereits bei gemischter Kost, die aus 2kg Fisch und 2 kg Pilzen/Woche wird der von der WHO festgelegte Grenzwert für die Quecksilberaufnahme erreicht! Die zusätzliche Wirkung von Quecksilber aus Amalgamfüllungen ist hier nicht berücksichtigt!
EU: „Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber“ ( KOM(2005) 20-Amtsblatt C 52 vom 2. März 2005: „Quecksilber ist ein für den Menschen, Ökosysteme und wild lebende Tiere hochgiftiger Stoff. Hohe Dosen können tödlich sein, aber auch relativ geringe Mengen können bereits das Nervensystem schädigen. Die Strategie zielt auf die Verringerung der Auswirkungen des Quecksilbers und seiner Risiken für die Umwelt und die menschliche Gesundheit ab.“
Andere Schwermetalle (z.B. Arsen, Blei): neurotoxisch, Beeinflussung der Hämatopoese
Radioaktive Partikel: Erhöhung der Umweltradioaktivität um über 1 mSv/a. In Analogie zu der aktuellen Studie des BfS könnte somit auch durch ein Kohlekraftwerk eine erhöhte Leukämieinzidenz v.a. bei Kindern verbunden sein. Allgemein gilt: jede noch so kleine Strahlendosis kann einen Strahlenschaden verursachen.
Abwärme: Das Kühlwasser soll vornehmlich aus dem Greifswalder Bodden entnommen werden und mit etwa 8 ° C über der Normaltemperatur wieder eingeleitet werden. Die Wärmebelastung der Atmosphäre und der Gewässer beurteilen nicht nur Umweltmediziner als problematisch.
Für alle Schadstoffemissionen gibt es gesetzlich festgelegte Grenzwerte. Als Ärzte/innen wissen wir aber, dass gesetzliche Grenzwerte für eine schädliche Substanz nicht gleichzeitig bedeuten, dass ein Gesundheitsschaden erst bei Überschreitung eintritt. Gesundheitsschäden treten individuell bereits früher ein. Dies trifft besonders zu bei Kindern.
Aus
gesundheitspolitischer
Sicht ist
zu bedenken, dass zusätzliche Schadstoffbelastung der Luft und
der Umwelt und klimatische Veränderungen erhebliche zusätzliche
Kosten für die medizinische Versorgung der Bevölkerung
verursachen werden.
Prävention
ist eine Gemeinschaftsaufgabe, sie ist
im Sozialgesetzbuch der BRD festgeschrieben. Sie sollte keine leere
Worthülse bleiben. Es genügt nicht, die Bevölkerung zu
einem gesundheitsbewusstem Lebensstil zu motivieren und ihr eine
„Kaminsteuer“
aufzuerlegen!
Der Staat trägt die Verantwortung für die Entwicklung umweltgerechter und gesundheitsfördernder Konzepte, wie in Brüssel bereits 2005 beschlossen z.B. für Quecksilber.
Eine Verringerung weiterer Schadstoffemissionen durch die Hauptverursacher wie Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen und die Industrie ist im Sinne der Gesunderhaltung der Menschen dringend geboten.
Die Unterzeichnenden
Kontakt zwecks Mitunterzeichnung: Katja Grossmann, fachlektorat@gmx.de, Dorfstr. 14B 18581 Krakvitz 038301/898289