Münchner Magazin FOCUS: Dreckiges Geschäft

Schlammschlacht um jeden Krümel Müll

Dubiose Müllmakler drücken mittlerweile den regulären Marktpreis zwischen 120 und 150 Euro je Tonne mit Dumpingofferten um mehr als die Hälfte, verkündet das Magazin. Was die Münchner offenbar nicht wissen, auch in den zahlreichen Müllverbrennungsanlagen kann man seinen Mist, wie unsere Österreichischen Nachbarn den Abfall gerne nennen, für um die 70 EURO los werden Der Grund: Die großen Konzerne hatte sich das ganz große Geschäft von der Müllverbrennung versprochen. Vornehm „Energetische Verwertung“ genannt und bauten auf „Teufel komm raus“ Müllöfen.

Offensichtlich haben die Strategen in den Konzernen jedoch das Verhalten der Wirtschaft gänzlich falsch eingeschätzt. Verbrennen soll nach dem Willen des Gesetzgebers am Ende der Kette stehen. Die Wiederverwertung steht ganz oben auf der Agenda, wie ein klassisches Recyclingunternehmen, wie der Grüne Punkt des Dualen Systems in Deutschland unter Beweis stellt, dessen Kreislaufbilanz alljährlich mehr glänzt. Die Gesamtverwertungsquote ist auf ein Rekordniveau von 113 Prozent geklettert (2006: 105 Prozent) und liegt damit wieder weit über den gesetzlich geforderten Quoten. Bei Papier, Pappe und Karton hat das Unternehmen mit 143 Prozent mehr als das Doppelte der vorgeschriebenen Verwertungsquote von 70 Prozent erreicht, ebenso bei Aluminium (135 Prozent) und Kunststoff (121 Prozent) – hier schreibt die Verpackungsverordnung die Verwertung von mindestens 60 Prozent vor. DSD hat damit weit mehr Verpackungen recycelt, als Produkthersteller und Handel bei ihr angemeldet hatten, blickt Konzernchef Stefan Schreiter vor wenigen Tagen auf ein erfolgreiches Jahr 2007 zurück.

Und auch der Chef des größten deutschen Entsorgungskonzerns, Ludger Rethmann, predigt seit Jahr und Tag schon fast gebetsmühlenartig das bittere Leid der Überkapazität an Müllöfen. REMONDIS setzt, wo immer es geht, auf Wiederverwertung, getreu dem Kreislaufwirtschaftsgesetz.

Kronoply, als einer der größten Hersteller von Holzwerkstoffen in Europa, plante noch Anfang des Jahres gemeinsam mit dem Entsorgungsunternehmen ALBA die Errichtung eines Industrieheizkraftwerkes am Standort Heiligengrabe. Für die Produktion von Plattenwerkstoffen wie OSB-Platten, MDF-Platten und Dämmstoffen benötigt Kronoply große Mengen Wärme und Strom. Um die Energieversorgung auf eine zukunftssichere Basis zu stellen, sollten auf dem Firmengelände bestehende Energieerzeugungsanlagen auf Basis fossiler Brennstoffe durch das geplante moderne Industrieheizkraftwerk für Ersatzbrennstoffe (EBS) ersetzt werden. ALBA konnte seine Partner vor gut vier Wochen überzeugen, dass der Markt nicht genügend Müll hergibt, um die als Industrieheizkraftwerk bezeichnete Müllverbrennungsanlage zu betreiben.

Der Bauboom für Verbrennungskapazitäten indes erinnert an die Lust der Mineralölkonzerne nach der Wende die „Neuen Bundesländer“ mit Tankstellen zu beglücken, von denen heute nicht ein mal mehr die Hälfte in Betrieb ist. Ähnlich wie bei den Benzinverkäufern bei dem Zwei-Literauto bekommen die Herren über die Müllöfen inzwischen eine Gänsehaut, wenn sie hören, dass das Abfallvolumen Jahr zu Jahr weniger wird.

Umweltticker, erschienen am: 2008-07-29, gekürzt