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Sofortiger Stopp des unkoordinierten Ausbaus der energetischen Nutzung von Holz gefordertRunder Tisch "Bioenergie" der Bundesregierung in der Kritik der AltholzaufbereiterDer Bundesverband der Altholzaufbereiter und –verwerter e. V. (BAV) nimmt zur Presseinformation des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) zum Ausbau der Bioenergie und der – etwa vom Bundesverband BioEnergie (BBE) erhobenen – Forderung des konsequenten Marktausbaus der Holzenergie kritisch Stellung und fordert den sofortigen Stopp des weiteren – unkoordinierten - Ausbaus der energetischen Nutzung von Holz: Der BAV begrüßt das Bekenntnis des BMELV zur Bioenergie als wesentlichem Bestandteil des Energiemixes in Deutschland und bestärkt das Ministerium in dem Ziel, unerwünschte Entwicklungen durch das EEG zu korrigieren. Derartige Fehlentwicklungen sind gerade auch im Bereich der festen Biomasse aus Abfällen zu beobachten und bedürfen der Korrektur. Die Bundesregierung hat sich ehrgeizige energie- und klimapolitische Ziele gesteckt. "Unter den erneuerbaren Energien leistet insbesondere die Bioenergie einen erheblichen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Julia Klöckner, in Berlin anlässlich der Gesprächsrunde "Runde Tisch Bioenergie". Die Energieversorgung und die Energiemärkte stehen vor großen Veränderungen und Herausforderungen. "Die Nutzung fossiler Energieressourcen soll weiter reduziert und die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen stärker ausgebaut werden. Die vorhandenen erneuerbaren Potenziale sind so effizient wie möglich zu nutzen. Vor allem bei der Bioenergie gibt es noch erhebliche Möglichkeiten zur Effizienzverbesserung. Zudem muss die Energie von morgen für die Energieverbraucher bezahlbar bleiben. Nahrungsmittelerzeugung, Energie vom Acker und Naturschutz müssen in der Balance bleiben", sagte Klöckner. Im Ergebnis der Diskussion wurde deutlich, dass Bioenergie auch zukünftig eine wesentliche Rolle im Energiemix Deutschlands spielen muss. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz müsse unter Wahrung verlässlicher Anreize für den weiteren Ausbau der Bioenergie schnellstmöglich novelliert werden, um unerwünschte Entwicklungen zu verhindern. Bei Biogas sollten die Bedingungen der Direkteinspeisung in das Erdgasnetz verbessert werden. Die Ergebnisse des Runden Tisches Bioenergie sollen in die weiteren Beratungen der Bundesregierung eingebracht. „Wir fürchten den weiteren unkoordinierten Ausbau der energetischen Nutzung von Holz, der zur Überkapazität von Kraftwerken und damit auch zum Verbrennungsdruck für stofflich verwertbare Althölzer führen kann“, so der 2. Vorsitzende des BAV, Ulrich Schieferstein. „Dabei spielt es keine Rolle, ob wir in der aktuellen Diskussion über Altholz, Waldholz oder Holz aus Kurzumtriebsplantagen sprechen.“ Der Appell des BAV richtet sich in erster Linie an den des Gesetzgeber und die zuständigen Planungs-, Überwachungs- und Vollzugsbehörden sowie die Banken und Finanzdienstleister, die derartige Investitionen fördern. Denn solang niemand weiß, wie viele Anlagen derzeit schon mit dem Brennstoff Holz betrieben werden, kann auch niemand seriöse Aussagen darüber treffen, wie groß der Bedarf an Kraftwerkskapazitäten einerseits und wie groß der Vorrat des Brennstoffes andererseits konkret ist. Aktuelle Kraftwerksvorhaben wie die Pläne von Vattenfall in Berlin einerseits und der künftige Verwerterstatus nahezu aller MVAen sowie der Mitverbrennungstrend in konventionellen Kraftwerken zeigen, welche Verschärfung dem EEG-geförderten Kraftwerksmarkt droht und welcher Druck insbesondere auch auf stofflich nutzbare Hölzer ausgeübt werden wird. Mit dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) wurde ein Impuls gesetzt, der bereits in den letzten zehn Jahren viele Investoren bewog, in die energetische Verwertung von Holz zu investieren. Dass dies von den Waldbauern und ihren Lobbyvertretern gern gesehen wird, ist verständlich, eine aus heutiger Sicht wahrscheinliche Verknappung des Rohstoffs wohl sogar willkommen; dies ist allerdings eine relativ einseitige Sichtweise. Worum es jetzt gehen muss, so der BAV, ist eine Bestandsaufnahme: Wichtig ist die differenzierte und sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema der energetischen Nutzung von Holz. Weder die Zahl der bislang mit Holz betriebenen Kraftwerke und Kleinfeuerungsanlagen in Deutschland noch die benötigte jährliche Brennholzmenge sind bekannt. Hinsichtlich des Mengenaufkommens hüllen sich auch die Experten in Schweigen bzw. mehren sich die Stimmen, die ein baldiges Ende der Waldholzbestände und damit eine Brennstofflücke prognostizieren. Der BAV regt daher eine Auslaufzeit – etwa hinsichtlich der EEG-Förderung - für künftige Kraftwerksprojekte an. Die Übergangszeit (Vorschlag 2 – 3 Jahre) sollte genutzt werden, um die bestehenden Kraftwerkskapazitäten und Mengenpotentiale gründlich und wissenschaftlich fundiert zu prüfen. Dazu gehören neben einer gezielten Aufnahme aller Kraftwerks- und Kleinfeuerungsanlagen in die Untersuchung auch die Bezifferung der Holzvorräte. Andernfalls droht die Gefahr, dass heute Anlagen für einen Brennstoff gebaut werden, der möglicherweise schon recht kurzfristig nicht mehr in ausreichender Menge verfügbar ist. „Wir kommen ohne eine seriöse Bestandsanalyse vom Regen in die Traufe: Während wir heute zurecht den Verbrauch eines in unserer Heimat verfügbaren Rohstoffes gezielt fördern und damit zumindest teilweise den Import der anderen klassischen fossilen Brennstoffe wie Erdgas, Heizöl und Kohle substituieren, droht uns - im Überschwang der Gefühle - die Entwicklung aus den Fugen zu geraten. Bereits heute werden nennenswerte Mengen Altholz für die energetische Nutzung von deutschen Kraftwerksbetreibern importiert. Demnächst werden das beträchtliche Mengen Hackschnitzel aus dem Baltikum und aus Süd- und Nordamerika sein. Wenn diese Entwicklung dann auch noch mit dem Etikett des Klimaschutzes ausgestattet wird, wird es unserer Meinung nach problematisch,“ so der 1. Vorsitzende des BAV, Uwe Groll. „Die deutschen Waldbauern sollten ihre Möglichkeiten realistisch einschätzen. Es ist bereits heute preiswerter Hackschnitzel aus dem Baltikum zu importieren, statt sie aus dem deutschen Wald zu holen.“ Die Aufgabe des deutschen Normgebers zur Reduzierung des CO2- Ausstoßes ist ambitioniert . Bevorzugt soll und muss dafür deutsches Holz genutzt werden, allerdings dürfen keine Überkapazitäten im Bereich der Feuerungsanlagen errichtet werden. Umgekehrt könnte es durchaus sein, dass die entsprechenden CO2-Minderungsziele hinsichtlich des Beitrags der Biomasse an die tatsächliche Mengenverfügbarkeit angepasst werden müssen. Man muss sich gerade hierzu klar machen, dass eine solche Entwicklung in doppelter Weise fatal für den Verbraucher wäre: Erst unterstützt dieser mit seiner Abgabe zum EEG den gezielten Ausbau von Anlagen zur Erzeugung „grünen“ Stroms und anschließend muss er mit ansehen, dass dieser nicht nur immer teurer wird, sondern möglicherweise auch moderne Anlagen zur Erzeugung von Energie aus Holz still gelegt werden müssen, weil der Brennstoff dafür gar nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Der BAV weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bereits in dem hinter uns liegenden langen Winter die ersten Kraftwerke auf Grund von Brennstoffmangel in ihrer Leistung gedrosselt werden mussten. Zum Teil waren bislang rein altholzgeführte Kraftwerke gezwungen, zusätzlich Waldholzhackschnitzel einzusetzen; die dafür anzulegenden Preise können sich die EEG-gedeckelten Kraftwerke aber auf Dauer nicht leisten. Aus diesem Grund fordert der BAV eine preisliche Anpassung der Einspeisevergütung auf das internationale Niveau wie es heute bereits in einigen Nachbarländern schon besteht. Alternativ wäre beispielsweise den Biomassekraftwerken neben der EEG-Zulage der jeweilige Netzeinspeisebetrag zu Marktkonditionen zu gewähren, soll das bestehende und EEG-geförderte Kraftwerksnetz nicht dem freien Fall anheim gegeben werden. Der unkoordinierte Ausbau der energetischen Nutzung von Holz in Kleinfeuerungen und größeren Kraftwerken droht - ohne die erforderlichen Eingriffe des Gesetzgebers, wie sie der BAV fordert - unbeherrschbar zu werden. Die Forderung kann daher heute nur lauten: Sofortiger Stopp des unkoordinierten Ausbaus der energetischen Nutzung von Holz! Quelle: Ulrich Schieferstein und Anemon Boelling, Bundesverband der Altholzaufbereiter und-verwerter e.V. /Redaktion(BAV) erschienen am: 2010-04-25 im europaticker |