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Samstag 29 März 2014
Wir sind nicht mehr allein!
„Was die derzeitige Beseitigung von Hausmüll anbelangt, leben wir … im Mittelalter. Deponieren und/oder thermisch verwerten – das waren genau die Müllbeseitigungsmethoden, wie sie zur Zeit des Schneiders von Ulm gang und gäbe waren; nur dass sie damals schlicht und verständlich „In-die-Landschaft-kippen“ und „Verbrennen“ hießen“, schrieb der engagierte Abfallwirtschaftler Obermeier noch 2002.
Eine aktuelle Bewertung klingt da schon besser: „Die Abfallwirtschaft hat im Laufe der Jahrzehnte eine enorme Entwicklung durchgemacht. Die ursprüngliche Aufgabe bestand darin, den Müll zu sammeln und möglichst kostengünstig zu entsorgen. Die nächste Phase war gekennzeichnet von der getrennten Sammlung und stofflichen Wiederverwertung. Dieses einfache Recycling wurde aber bald von einer professionellen Stoffstromwirtschaft mit ökologischer Verwertung und größtmöglicher Ressourcenschonung abgelöst.
In letzter Zeit bestimmen aber immer mehr die Forderungen nach Sicherung der Daseinsvorsorge und des Gemeinwohls sowie die Umsetzung einer sozialen Nachhaltigkeit die Arbeit ...“ 1:
Das „GRÜNBUCH zu einer europäischen Strategie für Kunststoffabfälle in der Umwelt“ der Europäischen Kommission macht die unbefriedigende Situation für den Problembereich Kunststoffabfälle deutlich 2.
Bei der Diskussion dieses Themas im EU-Parlament im Januar 2014 stellte das Parlament in seiner Resolution, „dass das wirtschaftliche Potenzial des Recyclings von Kunstoffabfällen weitgehend ungenutzt ist. Nur 25 % des Plastikmülls wird derzeit wiederverwertet. Die Abgeordneten weisen darauf hin, dass sich bei vollständiger Umsetzung des EU-Abfallrechts jährlich 72 Mrd. Euro einsparen, der Jahresumsatz der Abfall- und Recyclingbranche in der EU um 42 Mrd. Euro steigern und bis 20120 über 400.000 Arbeitsplätze schaffen ließen.3“
„Wer mehr Recycling will, muss die billige Abfallbeseitigung in Müllverbrennungsanlagen stoppen“, fordert Bernhard Reiling, Präsident des bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung 4.
„Eurostat belegt es schwarz auf weiss. In Deutschland werden nur 47 Prozent der Haushaltsabfälle recycelt. Was sich im europäischen Vergleich gut macht, ist tatsächlich aber ein Beleg dafür, dass es seit Jahren keinen wirklichen Fortschritt beim Ausbau des Recyclings in Deutschland gibt.
bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock: «Mit dieser Bilanz können wir uns sicher nicht zufriedengeben. Die Recyclingwirtschaft in Deutschland kann erheblich mehr. Die Politik ist gefordert, den von ihr zu verantwortenden Stillstand durch wirksame Impulse abzulösen» 5."
Das gilt selbst für Altfahrzeuge: Eine 95%-ige Verwertungsquote von Altfahrzeugen, die die heutige Richtlinie ab 2015 fordert, ist vor dem Hintergrund aktueller Marktbedingungen nicht zu erreichen. Hohe Exportquoten und die zunehmende Tendenz zur Verbrennung vermindern den Anreiz für weitere Investitionen in neue Recyclingtechnik [Beate Kummer, Scholz-Gruppe]“6.
Auch der Leitfaden für Anlagensicherheit (KAS 25) der Kommission für Anlagensicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zur Umsetzung der europäischen Seveso-III-Richtlinie weist in die richtige Richtung: „Abfälle sind komplexe Stoffgemische mit stark wechselnder Zusammensetzung“ 7. Das eben macht ja die Verbrennung dieser Stoffgemische so gefährlich und nicht sicher überwachbar.
Quellen:
Categories: Abfallplan, Bundesregierung, Feinstaub, Gesundheit, Luftbelastung, Müllverbrennung, Recycling, Rohstoffe
Mittwoch 12 März 2014
Neuer Abfallwirtschaftsplan für Schlewig-Holstein
Hinsichtlich des Umgangs mit (recycelbarem) Abfall bleibt der Entwurf des neuen Abfallwirtschaftsplanes S-H deutlich inter den Positionen des BDE und der EU-Position zurück, räumt aber in zwei Sätzen immerhin ein:
"Gleichwohl ist festzuhalten, dass ein Recycling von Kunststoffen, wenn dies mit vertretbarem Aufwand möglich ist, nicht nur Primärrohstoffe einspart, sondern auch unter energetischen Gesichtspunkten zu bevorzugen ist. Die gegenüber der Herstellung der Kunststoffe aus Primärrohstoffen eingesparte Energiemenge ist in der Regel um einiges größer, als die durch die energetische Nutzung zurückgewonnene."
Davor allerdings steht leider die allgemein publizierte "amtliche" Lüge, "mit der energetischen Abfallverwertung geht gegenüber Primärenergieträgern eine Minderung der Emissionen klimaschädigender Gase einher, da im Abfall ein hoher Anteil an nachwachsenden Rohstoffen enthalten ist." Auf Grund des behaupteten "hohen Anteils an nachwachsenden Rohstoffen" sind die MVA's nicht nur von jeglicher CO2-Abgabe freigestellt, sondern bekommen sogar noch CO2-Gutschriften!
Man kann es eben nicht der Klimawende und den Energiekonzernen zugleich recht machen, von Gesundheitsvorsorge ganz zu schweigen.
Categories: Abfallplan, Abfallvermeidung, Energie, Klimaschutz, Müllverbrennung, Recycling
Recyceln ist besser als Verbrennen
Eine akktuelle Nachricht bestätigt das Grundanliegen unseres Vereins sehr nachdrücklich:
Fehlerhafte Umsetzung der Abfallhierarchie im Kreislaufwirtschaftsgesetz - Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens
Deutschland will zu viel Wertstoffe verbrennen
2014-03-11 Der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. hat die Ende Februar 2014 gefällte Entscheidung der Europäischen Kommission begrüßt, wegen der fehlerhaften Umsetzung der fünfstufigen Abfallhierarchie im neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV gegen Deutschland zu eröffnen. Nach dem aus Sicht der Kommission unbefriedigenden Abschluss eines formlosen Vorverfahrens, des sogenannten EU PILOT, hat die Kommission nun ein offizielles Mahnschreiben an die Bundesregierung geschickt. Die Kommission kritisiert darin, dass die Bundesregierung die fünfstufige Abfallhierarchie nach Art. 4 Abs. 1 der Abfallrahmenrichtlinie zwar in § 6 Abs. 1 KrWG wörtlich wiedergegeben hat, sie aber durch die Ausnahmeregelungen in § 6 Abs. 2, § 7 und § 8 KrWG faktisch auf eine dreistufige Hierarchie reduziert. Der BDE hatte im April 2012 gemeinsam mit vier Wirtschafts- und sechs Umweltverbänden Beschwerde gegen das KrWG eingelegt und dabei auch die fehlerhafte Umsetzung der Abfallhierarchie gerügt.
BDE-Präsident Peter Kurth: „Die Eröffnung des förmlichen Vertragsverletzungsverfahrens durch die Kommission zeigt, dass die in unserer Beschwerde geübte Kritik an der Umsetzung der Hierarchie berechtigt ist. Wir freuen uns, dass die Kommission die fünfstufige Abfallhierarchie nachdrücklich einfordert.“ Insbesondere die Heizwertklausel ermöglicht es nach Meinung des BDE, dass eigentlich rezyklierbare Abfälle in großen Mengen thermisch verwertet, d. h. verbrannt werden können. „Angesichts der Überkapazitäten der Müllverbrennungsanlagen stellt die Heizwertklausel zusammen mit der Überlassungspflicht für Haushaltsabfälle eine große Gefahr für das Recycling dar. Zudem verhindert sie die Ausschöpfung weiterer Recyclingpotentiale“, so Peter Kurth weiter. Der BDE appelliert an die Politik, das Mahnschreiben der Kommission als Chance zu begreifen, der stofflichen Verwertung nun wirklich Priorität einzuräumen und das KrWG entsprechend zu ändern.
Die Kommission bemängelt insbesondere, dass das KrWG nicht zwischen den verschiedenen Verwertungsmaßnahmen – Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling und sonstige, insbesondere thermische Verwertung – differenziert. Die Regelungen des KrWG sind nach Auffassung der Kommission auch nicht von Art. 4 Abs. 2 Abfallrahmenrichtlinie gedeckt, der Ausnahmen von der Hierarchie für bestimmte Abfallströme zulässt, wenn dies durch Lebenszyklusdenken gerechtfertigt ist. Das gilt insbesondere für § 8 KrWG, der ein Wahlrecht der Abfallbesitzer zwischen mehreren gleichrangigen Verwertungsmethoden vorsieht und durch die sogenannte Heizwertklausel die thermische Verwertung mit dem Recycling gleichsetzt, wenn der Brennwert der Abfälle 11 000 kJ/kg beträgt. Darin erkennt die Kommission eine allgemeine Abweichung, die zudem nicht auf Lebenszyklusdenken basiere.
Die Bundesregierung hat zwei Monate Zeit, um die Kritikpunkte der Kommission zu entkräften. Darauf hin entscheidet die Kommission, ob sie eine sogenannte begründete Stellungnahme abgibt, mit der sie Deutschland zu konkreten Korrekturen auffordert und damit den Streitgegenstand einer möglichen Klage vor dem EuGH absteckt, oder ob sie das Verfahren einstellt.
Quelle: http://www.umweltruf.de/2014_Programm/news/news_druck.php3?nummer=1800; Hervorhebungen durch uns.
Categories: Bundesregierung, Energie, EU, Müllverbrennung, Recycling