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Mittwoch 08 Juni 2011
Eine große Vision: Rohstoffe 100 % im Kreislauf führen
Empfehlung des Rates für Nachhaltige Entwicklung: Eine große Vision: Rohstoffe 100 % im Kreislauf führen
Wie Deutschland zum Rohstoffland wird
Der Umgang mit endlichen Ressourcen ist ein zentrales Thema der Nachhaltigkeit. Aber obwohl die Idee der Nachhaltigkeit mittlerweile breite Zustimmung findet, ist der Umgang mit wichtigen Ressourcen immer noch vom Wegwerfen und „Weg-Verbrauchen“ geprägt, heißt es in der Präambel der Empfehlung des Rates für Nachhaltige Entwicklung vom 19. Mai 2011 „Wie Deutschland zum Rohstoffland wird“.
Besonders deutlich würde dies beim Umgang mit wichtigen Rohstoffen, zu deren Sicherung sogar geopolitische und außenwirtschaftliche Überlegungen angestellt werden, aber noch kein wirkungsvolles Nachhaltigkeitsmanagement mit geschlossenen Kreisläufen auf den Weg gebracht ist. Das darf und kann so nicht bleiben. Unter Federführung der Ratsmitglieder Dr. Eric Schweitzer und Olaf Tschimpke hat der Nachhaltigkeitsrat die vorliegende Empfehlung an die Bundesregierung erarbeitet.
Dr. Eric Schweitzer, Vorstandsmitglied ALBA Group, Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer: “Die Wirtschaft muss beim Thema Nachhaltigkeit vorangehen – technische Innovationen und gesellschaftliche Verantwortung sind gleichberechtigte Schlüssel für unternehmerischen Erfolg."
Die Empfehlung greift dabei bewusst einen Baustein nachhaltiger Ressourcenpolitik heraus: die Kreislaufführung von metallischen und mineralischen Rohstoffen. Andere wesentliche Bestandteile nachhaltiger Ressourcennutzung wie beispielsweise Ressourceneffizienz durch Materialsubstitution werden nur flankiert. Ressourceneffizienz ist viel umfassender, als Material in der Produktion einzusparen. Die Empfehlung beabsichtigt nicht, die Bedeutung dieser Elemente zu unterminieren. Auch ist die Beschränkung der Ressourcenauswahl auf insbesondere Industriemetalle und -mineralien nicht mit der geringeren Bedeutung anderer Ressourcen oder Stoffströme wie Wasser, Phosphor oder agrarische Rohstoffe gleichzusetzen. Vielmehr soll die Fokussierung auf insbesondere Basis- und Sondermetalle eine nachhaltige Rohstoffwirtschaft beispielhaft illustrieren. Schließlich ist die Empfehlung an die nationale Politik gerichtet. Obwohl sie die globale Dimension des Themas streift, ist dies nicht Hauptbestandteil der Empfehlung. Der Nachhaltigkeitsrat weist jedoch ausdrücklich auf die Bedeutung von Fragen des Handels, der Transparenz und der Menschenrechte im Rahmen auch nationaler und internationaler Rohstoffpolitik hin.
Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbund Deutschland (NABU): "Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist die einzige Option für verantwortliches globales Handeln, die unsere Ökosysteme schützt und damit das Überleben künftiger Generationen sichert."
Kurzfassung: Der absolute Rohstoffverbrauch in Industrieländern ist angesichts der Tragfähigkeit der Erde zu hoch. Die Knappheit von Rohstoffen stellt eine Grenze für das Wirtschaften und den Konsum dar. Knappheit ist dabei nicht nur durch geologische Gegebenheiten oder wirtschaftlich-technische Grenzen von Extraktion oder Wiederverwertung begründet. Vielmehr gibt es regulative Schranken sowie ökologische und soziale Verhaltensgebote, die zur Knappheit eines Rohstoffes führen. Die reine Intensivierung von Explorationstätigkeiten und Zugang zu Primärrohstoffen wird Anforderungen an eine nachhaltige Rohstoffwirtschaft nicht gerecht. Vielmehr muss es zu einer absoluten Reduktion des Verbrauchs nicht erneuerbarer Rohstoffe und der Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Rohstoffverbrauch kommen. Dazu sind signifikante Verbesserungen der Ressourceneffizienz notwendig und da wo sinnfällig eine verstärkte Substitution nicht erneuerbarer Rohstoffe mit erneuerbaren. Kernbestandteil einer nachhaltigen Rohstoffwirtschaft ist die Kreislaufführung nicht erneuerbarer Rohstoffe. Dies ist gleichzeitig der Fokus der Empfehlung. Die Empfehlung skizziert die Vision einer 100%igen Kreislaufführung nicht nur von Massenrohstoffen, für die bereits jetzt Kreislaufwirtschaft existiert. Vielmehr zielt die Empfehlung darauf ab, die relevanten Akteure zu ermutigen, die Vision einer vollständigen Kreislaufführung von Rohstoffen zu konkretisieren, für die es bisher kein Nachhaltigkeitsmanagement gibt. Exemplarisch führt sie hier den Fall von Basis- und Sondermetallen an.
Produktverantwortung ist dabei ein zentrales Prinzip, das konsequent umgesetzt werden muss. Ernst genommen ergeben sich daraus die Forderung nach Wettbewerb bei Einhaltung sozialer und ökologischer Gerechtigkeit und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Implizit entsteht der Anreiz, Produkte schon bei der Herstellung und entlang der gesamten Wertschöpfungskette (sowohl produkt- als auch akteursbezogen) an den Anforderungen einer hochwertigen Wiederverwendung und Recyclingfähigkeit auszurichten. Auch der Konsument ist angehalten, Kaufentscheidungen stärker an Kriterien der Wiederverwendbarkeit auszurichten und sich auf neue Geschäftsmodelle einzulassen – „Nutzen statt Besitzen“ wird dann zur Maxime einer vollständigen Kreislaufwirtschaft.
BDE unterstützt Rohstoffkonzept des Nachhaltigkeitsrates der Bundesregierung - BDE-Präsident Peter Kurth: „Die vom Nachhaltigkeitsrat entwickelte Vision einer 100-prozentigen Kreislaufwirtschaft, in der wirklich alle Rohstoffe einer Wiederverwendung zugeführt werden, ist der richtige und einzig gangbare Weg, um die Stellung Deutschlands als international erfolgreiche Industrie- und Exportnation langfristig zu sichern.“
"Besonderen Wert hätten die Empfehlungen des Nachhaltigkeitsrats vor allem deshalb, so Kurth, weil sich das Konzept der geschlossenen Kreislaufwirtschaft auch auf Rohstoffe erstrecke, die bislang kaum oder gar nicht recycelt werden. Dazu zählen unter anderem seltene Erden und Sondermetalle, die derzeit in Kleinstmengen Bestandteil elektrischer Altgeräte sind. Kurth: „Der Nachhaltigkeitsrat nimmt hier Bund und Länder konsequent in die Pflicht: Die Politik ist dafür verantwortlich, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit der Zeitpunkt der Wirtschaftlichkeit möglichst aller Recyclingtechnologien zeitnah erreicht wird. Zu den wichtigen Rahmenbedingungen gehören aus unserer Sicht eine hohe Investitionssicherheit sowie die Möglichkeit, geschlossene Wertschöpfungsketten unter den Bedingungen eines fairen Wettbewerbs aufzubauen.“
Der BDE fühle sich in dieser Position durch den Nachhaltigkeitsrat bestätigt, so Kurth, da das Expertengremium die Schaffung eben dieser Rahmenbedingungen explizit empfehle.
Der BDE begrüßt ausdrücklich, dass sich der Nachhaltigkeitsrat für die Produktverantwortung als zentrales Prinzip einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft ausspricht. Kurth: „Qualitativ hochwertiges Recycling funktioniert am effektivsten, wenn schon bei der Herstellung von Produkten darauf geachtet wird, dass diese am Ende ihrer primären Nutzung möglichst problemlos in ihre Ausgangsbestandteile zerlegt, aufbereitet und als Sekundärrohstoffe wiederverwertet werden können.“
Der BDE appelliert an die politisch Verantwortlichen, die Empfehlungen des Nachhaltigkeitsrates umzusetzen und so die Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft in Deutschland zu einem tragenden Pfeiler der „green economy“ zu entwickeln. Kurth: „Diese Entwicklung ist alternativlos. Sie wird jedoch nur unter den Bedingungen von freiem Markt und fairem Wettbewerb funktionieren. Monopolstrukturen, wie sie beispielsweise für die Wertstoffsammlung von kommunaler Seite eingefordert werden, haben hier keinen Platz.
Empfehlung des Rates für Nachhaltige Entwicklung vom 19. Mai 2011:
Eine große Vision: Rohstoffe 100 % im Kreislauf führen
Quelle: 2011-06-06 im europaticker